GSSG-Hub zur Welt-Aids-Konferenz 2012
22. August 2012: Genau einen Monat nach Eröffnung der Internationalen Aids-Konferenz (IAC) holt die GSSG ein Stück IAC nach Köln. Bei einer Nachlese zur Konferenz diskutierten Expert:innen mit Moderatorin Harriet Langanke über Ergebnisse der IAC.
„Groß, emotional und trotz aller Kritik bedeutend“, war das Urteil der Diskussionsteilnehmenden, die am Mittwoch in Köln einen deutschen Blick zurück auf die Internationale Aids-Konferenz (IAC) warfen. Rund 30 Fachleute und Interessierte werteten auf Einladung der Gemeinnützigen Stiftung Sexualität und Gesundheit (GSSG) die IAC aus, die genau einen Monat zuvor für fast 24.000 Delegierte aus aller Welt in den USA eröffnet worden war.
Allen voran würdigte Norbert Brockmeyer, Vorsitzender der Deutschen STI-Gesellschaft und HIV-Spezialist an der Hautklinik der Uni Bochum, das Engagement der Menschen, die bei der IAC als Wissenschaftler, Politiker oder Aktivisten aufgetreten waren. „Es ist mitreißend und motivierend, wie sich prominente und nicht-prominente Menschen bei diesem Kongress für eine wirksame Aids-Politik einsetzen“, so sein Eindruck. Doch bei aller Emotionalität, die er und andere deutsche Delegierte in Washington wahrgenommen hatten, blieb auch eine gehörige Portion Skepsis. „Die große Euphorie verstellt oft den Blick für kritische Fragen“, bemerkte Christin Seifert, die für die GSSG nach Washington gefahren war. „So vorbeugend die HIV-Medikamente in Studien auch wirken, so wenig wurden unsere Fragen nach den Nebenwirkungen und den ethischen Konsequenzen beantwortet.“
„Schon jetzt besteht auch in Deutschland die Gefahr eines Schwarzmarkts für HIV-Medikamente“, stimmte ihr Matthias Kuske von der Deutschen Aidshilfe zu. Denn wer sich lieber mit Pillen als mit Kondomen vor einer HIV-Infektion schützt, bekomme die Tabletten in der Regel nicht auf Rezept. „Zu Recht“, wie HIV-Ärztin Ulrike Haars erklärte: „Wenn gesunde Menschen HIV-Medikamente einnehmen, könnten sich Resistenzen entwickeln und viele infizierte Menschen ständen dann ohne wirksame Behandlung da.“
Ohne die notwendige Therapie müssen nach Angaben von UNAIDS weltweit noch immer mehr als neun Millionen HIV-positive Menschen auskommen. Darunter auch viele Frauen, über deren Situation Psychologin Ulrike Sonnenberg-Schwan und Aids-Aktivistin Annette Piecha berichteten. Beide hatten in Washington die Women’s Networking Zone besucht und das Programm „Women for Positive Action“ mit gestaltet.
Trotz der hohen Zahl von offiziell 24.000 Kongress-Besuchern fehlten in Washington wichtige Expertinnen und Experten. Männer und Frauen aus der Sexarbeit und Drogen gebrauchende Menschen konnten ihre Sicht zu HIV als Gefährdete und Betroffene nur über parallele Konferenzen in Kalkutta und Kiew beisteuern, da die Einreise in die USA für sie problematisch war. „Auch eine unserer Expertinnen, die Wissenschaftlerin Heidemarie Kremer, konnte nicht nach Washington reisen. Die US-Behörden wussten bereits von ihrer HIV-Infektion, bevor die neuen, erleichterten Einreisebestimmungen in Kraft waren“, berichtete GSSG-Stifterin Harriet Langanke, die die Konferenz-Auswertung vor dem Hintergrund von Stigma und Diskriminierung moderierte.
„Solche Nachbetrachtungen sollte es viel öfter geben“, lobte Gaby Wirz von der Aidshilfe Baden-Württemberg die Nachlese der GSSG. „So können auch Fachleute, die wie ich nicht zu solchen Konferenzen reisen können, deren Ergebnisse kennenlernen und für die eigene Arbeit nutzen.“
Neben den Berichten der Delegierten und der engagierten Diskussionen der Fachleute mit dem Publikum, vermittelten auch die eingespielten Video-Beiträge lebendige Eindrücke von der Konferenz. „Die vielen Fotos und der amerikanisch inspirierte Imbiss mit Bagels und Muffins haben mir die Konferenz sehr nahe gebracht“, fasste es ein Teilnehmer aus dem Publikum zusammen.
Den Flyer zur Veranstaltung mit allen Informationen gibt es hier als pdf.