GSSG | Gemeinnützige Stiftung Sexualität und Gesundheit

SAGE - SexArbeitGEsundheit

SAGE - SexArbeitGEsundheit

November 2019: Die Einführung des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) bewirkt tiefgreifende Veränderungen in den Beratungsstellen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) für Sexarbeiter:innen. Denn einerseits wird dort die vertrauliche, auch anonyme, und freiwillige Beratung nach § 19 Infektionsschutzgesetz (IfSG) weitergeführt. Andererseits kam mit der gesundheitlichen Pflichtberatung nach § 10 ProstSchG eine Aufgabe hinzu, deren Vereinbarkeit mit den seit der Einführung des IfSG im Jahre 2001 existierenden Angeboten in Frage gestellt wird.

Das Projekt SAGE der GSSG untersuchte die bestehenden und die sich entwickelnden Auswirkungen dieser beiden Strukturen. Es nutzte dazu eine exemplarische Recherche (Befragung) und eine bundesweite Fachtagung.

Tagungsdokumentation

Die GSSG lud zu einem Fachtag ein: Am Freitag, 15. und Samstag, 16. November 2019 ging es in Köln um „Sexarbeit im Spannungsfeld zwischen IfSG und ProstSchG: Angebote zur Förderung sexueller Gesundheit“. Eine Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit ermöglichte den fachlichen Austausch und die Vernetzung für Fachkräfte.

Neben den Mitarbeiter:innen des ÖGD, die nach §19 IfSG oder §10 ProstSchG beraten, luden wir auch herzlich Menschen aus der Sexarbeit sowie Mitarbeiter:innen aus Fachberatungsstellen und anderen Einrichtungen ein.

Die Teilnahme war kostenlos. Weitere Informationen finden Sie in der Einladung. Das Tagungsprogramm finden Sie hier. Unter dem Hashtag #SAGE konnten Sie uns auf Twitter folgen.

Hier finden Sie die Vorträge vom 15. November 2019:

Fachvortrag 1: Elfriede Steffan „Zeitenwandel: Vom Bockschein zum IfSG zum ProstSchG: Rolle rückwärts?“

Fachvortrag 2: Frances Funk „Die Praxis: Erfahrungsberichte aus der Sexarbeit“

Fachbeitrag 3: Tzvetina Arsova Netzelmann „Wissenschaftliche Recherche: Ergebnisse der ExpertInnen-Befragung aus Gesundheitsämtern und Fachberatungsstellen“

Fachbeitrag 4: Maia Ceres und Christine Körner „Wissenschaftliche Recherche: Ergebnisse der Befragung der SexarbeiterInnen zu ihren Erfahrungen mit der gesundheitlichen Pflichtberatung“

Die wissenschaftliche Recherche zu ersten Erfahrungen mit der Umsetzung des ProstSchG finden Sie hier zum Download. Den vollständigen Sachbericht zum Projekt finden Sie hier.

Projektzusammenfassung

Die Befragung wurde partizipativ auch in Kooperation mit dem Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD) durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung bildeten eine Basis für die Themenauswahl der SAGE-Fachtagung vom 15. bis 16. November 2019 in Köln. Intention der Fachtagung war die Überprüfung und Vertiefung der Erkenntnisse im Rahmen eines fachlichen Austauschs und struktureller Vernetzung. Das Interesse an der Fachtagung war so groß, dass statt der erwarteten 60 Teilnehmer:innen letztlich über 90 Personen an der Fachtagung teilnahmen: über die Hälfte davon Mitarbeiter:innen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, aber auch zahlreiche Vertreter:innen von Fachberatungsstellen und Sexarbeiter:innen.

Auch wenn die Ergebnisse aus Recherche und Fachtagung nicht repräsentativ sein können, lassen sich Empfehlungen für die weitere Umsetzung des ProstSchG aussprechen:

  • Die Beratungsangebote nach § 10 ProstSchG müssen so gestaltet sein, dass sie die Angebote nach § 19 IfSG nicht schwächen. Unterschiede zwischen den freiwillig wahrzunehmenden Angeboten und der verpflichtenden Beratung müssen klarer kommuniziert werden.
  • Bei der Umsetzung des ProstSchG sollte eine bundesweit einheitliche Vorgehensweise angestrebt werden.
  • Eine Spaltung in der Gruppe der Sexarbeitenden – in gut erreichbare Angemeldete einerseits und unerreichte Nicht-Angemeldete andererseits – ist erkennbar und muss weiter kritisch beobachtet werden. Insbesondere erfordern die durch das ProstSchG veränderten Arbeitsbedingungen der nicht-angemeldeten Sexarbeiter:innen erhöhte Aufmerksamkeit; für diese Zielgruppe sollten spezielle Angebote geschaffen werden.
Projektleiterinnen Harriet Langanke und Elfriede Steffan (Bild: GSSG)

Ergänzende Hinweise

Literaturhinweise zu den Auswirkungen des „Sexkaufverbots“.

Im Oktober 2019 kontaktierte der Frankfurter Verein Doña Carmen 131 Gesundheitsämter, um zu klären, ob und in welchem Umfang Sexarbeiter:innen in Zeiten des Prostituiertenschutzgesetzes Zugang zu freiwilligen, anonymen und kostenlosen STI-Beratungen haben. Die Ergebnisse dieser Befragung flossen in den Fachtag ein, Sie finden sie hier.

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